Hallo zusammen!
Ich möchte gerne ein Digitalisierungsprojekt für unseren Morelo Palace vorstellen. Hier bei DigiCamper sind wir ja „unter uns“; Diskussionen um den tieferen Sinn derartiger Projekte dürften mir also hoffentlich erspart bleiben. Falls doch jemand... Ich mache das weil es Spaß macht, und nicht weil es „vernünftig“ ist
Ich hatte das Thema schon einmal im LinerTreff vorgestellt. Hier nun etwas ausführlicher.
Am Anfang eines Projekts steht die Planung und so habe ich unter „Zielsetzung“ zunächst beschrieben, was ich konkret umsetzen möchte (bzw. weitgehend bereits umgesetzt habe). Im Abschnitt „Infrastruktur“ ist beschrieben, mit welchen Komponenten und unter welchen Rahmenbedingungen dieses Projekt realisiert wurde.
Digitalisierung im Reisemobil ist derzeit leider immer noch durch zahlreiche proprietäre Lösungen der Hersteller begrenzt. Dennoch möchte ich mit dieser Projektbeschreibung aufzeigen, dass da einiges geht in Sachen Digitalisierung im Reisemobil. Im Abschnitt „Interoperabilität“ will ich auf diese Aspekte etwas ausführlicher eingehen.
Das zentrale Element meiner Umsetzung bildet ioBroker auf einem Linux-Server. Der ioBroker ist eine Open Source IoT-Plattform mit der ich mich seit mehreren Jahren und über mehrere private Projekte hinweg intensiv beschäftige. IoBroker eignet sich hervorragend für das Reisemobil, vorausgesetzt es läuft auf einer hinreichend stabilen Linux-Basis und auf einer ausfallsicheren Hardware-Plattform.
Die Serverplattform und insbesondere der ioBroker werden daher ebenfalls in meinem Beitrag etwas ausführlicher besprochen.
Wichtig ist es mir zu erwähnen, dass ich mit keiner der hier genannten Produkte und Firmen in in irgendeiner Weise wirtschaftlich verbunden bin. Ich bin völlig unabhängig und verfolge keinerlei kommerzielle Interessen. Alle von mir vorgenommenen Bewertungen beruhen also ausschließlich auf meinen ganz persönlichen Erfahrungen.
1. Zielsetzung
- Entwicklung eines Dashboards welches browserbasiert, stationär oder mobil alle relevanten Telemetriedaten des Reisemobilaufbaus anzeigt. Dabei sollen die Dashboards auch zur Steuerung von Soft- u. Hardwarefunktionen dienen.
- Anbindung der vorhandenen SuperSense Sensoren für Gas, Frischwasser, Grau- u. Schwarzwasser – neben der vorhandenen Möglichkeit zur Abfrage der Tanklevel über die Blutooth Box, bzw. am CBE Panel – an eine Cerbo GX von Victron.
- Die relevanten Werte für den Ladezustand des Aufbauakkus sowie die aktuellen Werte für Stromverbrauch und Solarertrag sind bereits über einen Victron Smartshunt, bzw. die Victron Solarreger in der Cerbo GX verfügbar und sollen für das Dashboard nutzbar gemacht werden.
- Weitere Ein- u. Ausgänge (Relaisausgänge, digitale Eingänge, Temperatursensoren, GPS Geodaten) der Cerbo GX sollen ebenfalls mittels Dashboard angezeigt, verarbeitet, bzw. geschaltet werden können.
- Anzeige der Werte der beiden Supersense Reifendrucksensoren (Anhänger) auf dem Dashboard.
- Möglichkeit zur Speicherung historischer Datenreihen in einer Datenbank sowie deren grafische Darstellung (Bspw. Solaretrag, Energiverbrauch, Ladezustand des Akkus).
- Weiterleitung der verschiedenen Telemetriewerte aus der Cerbo GX, bzw. anderer Quellen in quasi-Echtzeit an ioBroker.
2. Infrastruktur
- Wechselrichter / Ladekombi Büttner MT-ICC 3000 SI/N120A
- Vier Stück Super B Nomia (12V210AH) LiFePO4. Gesamt: 840 Ah / 12 Volt
- Victron SmartShunt 500A
- Victron Solarladeregler MPPT 100 / 50
- Victron Solarladeregler MPPT 100 / 30
- SunPower Back Contact Solarpanels. Gesamt: 900 Wp
- Victron Cerbo GX
- Victron GX Touch 50
- Victron Tank 140
- WiFi GPS Receiver (über USB an Cerbo GX)
- 5 G-Router (Datenflat)
- Ethernet Switch
- Odroid N2 Einplatinencomputer
- Comworks Supersense Tanksensoren für Frisch-, Grau-, u. Schwarzwassertanks
- Comworks GasCheck
- Comworks TireCheck Luftdrucküberwachung für die beiden Räder des Anhängers
- Comworks Bluetooth-Box
- Truma iNet Box (Proprietäre Steuerung Alde Heizung)
Sound: Vollaktiv und fahrzeugspezifisch eingemessen durch Fa. Jehnert
- Headunit: Alpine X903D
- Frontsystem: 2 x 3-Wege vollaktiv
- Wohnraum: 2 x 2-Wege vollaktiv
- Subwoofer: Fahrzeugspezifisches Bassreflexsystem
- Amp: Helix 12 Kanal / 14 Kanal 64 Bit DSP
- Spotify Connect Client: HifiBerry DAC+ (direkt über optische Schnittstelle am Helix Amp)
- Außen: HifiBerry AMP2 und zwei kleine Teufel-Lautsprecher
3. Interoperabilität
Die meisten Zulieferer für technische Infrastruktur im Reisemobil bieten – wenn überhaupt - eigene, proprietäre Digitalisierungslösungen an. Da kocht jeder sein eigenes Süppchen und offene Schnittstellen sind die große Ausnahme. Im Ergebnis hat man dann eine App für die Heizung, eine für die Hubstützen, eine für die Sat-Anlage, eine für die Kühlbox, usw. Das ist aus Sicht von uns Campern natürlich alles Andere als praktikabel. Die bisherigen Bemühungen der Verbände und Zulieferer, einen einheitlichen, herstellerübergreifenden Standard zur Steuerung aller technischen Komponenten im Reisemobil zu etablieren, blieben bisher erfolglos. Zwar gibt es entsprechende Spezifikationen (vgl. CI-BUS), zum Standard wird so etwas aber erst, wenn auch alle mitmachen. Es ist also leider nicht so einfach möglich, etwa eine Heizung, die Klimaanlage oder die Steuerungszentralen (Elektroblock) in ein eigenes Kozept einzubinden.
Mit entsprechendem Aufwand (reverse engineering) ist zwar fast alles machbar, doch viele relevante Dinge lassen sich trotz der vorhandenen Restriktionen durchaus mit einfacheren Mitteln realisieren. Transparente, offene Technologien wie etwa die Tanksensoren von Comworks oder die Elektronik-Komponenten von Victron bieten reichlich Lösungsansätze für eine Zusammenführung der für die Praxis interessanten Parameter im Reisemobil. Der Grund warum in diesem Projekt möglichst viele Daten in der Cerbo GX von Victron gehalten werden, liegt an den transparenten Zugriffsmöglichkeiten die der Hersteller für seine Komponenten vorgesehen hat. Über eine Modbus TCP-Schnittstelle der Cerbo GX
kann von außen via Ethernet lesend auf die Modbus Register zugegriffen werden. Eine Liste aller Modbus Register, sowie die ID’s der einzelnen Victron Geräte kann einer frei zugänglichen Tabelle entnommen werden, die der Hersteller regelmäßig aktualisiert. Weitere Infos und Quellen finden sich hier.
Der Modbus hätte definitiv das Potential, als geräte- u. plattformübergreifender Standard im Reisemobil zu fungieren. Der Zugriff auf die Register des jeweiligen Geräts kann nämlich nicht nur lesend erfolgen, sondern bei entsprechender Freigabe der Register auch schreibend. Es ist also nicht nur die Statusüberwachung, sondern auch die Steuerung von Geräten über den Modbus möglich. Der Modbus kann seriell oder als TCP Bus betrieben werden, ist transparent dokumentiert, geräteseitig einfach zu implementieren und verfügt über ein umfassendes Securitykonzept
Ich schweife ab.